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Crowdworking als rechtliche Herausforderung (Teil 2)

von Bettina Schwaiger, Fabian Blumberger | 13.02.2018

Finden sich Crowdsourcer oder eine Crowdworking-Plattform ungewollt in der Rolle des Arbeitgebers wieder, knüpfen sich an diese Qualifikation eine Reihe von Konsequenzen – von einer möglicherweise ungültigen Rechtswahl in AGB bis hin zu möglichen Verstößen gegen Vorschriften zur Bekämpfung von Sozial- und Lohndumping.

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Eda Ertugrul und Kerstin Weber haben bereits einige rechtliche Herausforderungen im Zusammenhang mit Crowdworking aufgezeigt. Sowohl Crowdsourcer als auch Crowdworking-Plattformen laufen Gefahr, sich ungewollt in der Rolle des Arbeitgebers wiederzufinden. Besteht zwischen dem Crowdsourcer und einzelnen Crowdworkern kein laufendes Auftragsverhältnis, spricht vieles dafür, dass kein Arbeitsverhältnis vorliegt. Wird hingegen eine Crowdworking-Plattform zwischengeschaltet, kann dies unter Umständen zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen der Crowdworking-Plattform und dem Crowdworker führen. In jenen Fällen, in denen durch Crowdworking tatsächlich ein (echtes) Arbeitsverhältnis begründet wird, ergeben sich – neben der Frage, wer Arbeitgeber ist – zahlreiche Folgefragen:

Das Arbeitsrecht welchen Staates ist anzuwenden? Gültigkeit einer getroffenen Rechtswahl?

Wenngleich die Parteien grundsätzlich die Möglichkeit haben, das auf den Vertrag anwendbare Recht zu wählen, steht eine solche Rechtswahl bei Arbeitsverhältnissen unter einem Günstigkeitsvorbehalt. Arbeitnehmern darf durch die Rechtswahl nicht der zwingende Mindestschutz entzogen werden, den sie mangels Rechtswahl genießen würden. Wurde keine Rechtswahl getroffen und sind die beiden Vertragspartner in unterschiedlichen Ländern ansässig, kommen nach derzeitiger Rechtslage regelmäßig die Bestimmungen jenes Landes zur Anwendung, in dem der Arbeitnehmer regelmäßig seine Arbeit verrichtet. Ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, dass der Arbeitsvertrag oder das Arbeitsverhältnis engere Verbindungen zu einem anderen Staat aufweist, dann ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden. Die Bestimmung des auf das Vertragsverhältnis anwendbaren Rechts wird daher in der Praxis regelmäßig mit Unsicherheiten verbunden sein. Dies insbesondere dann, wenn gar nicht bekannt ist, von welchem Land aus die Leistungen erbracht werden.

Lohn- und Sozialdumping vorprogrammiert?

Erhebungen der Arbeiterkammer Oberösterreich zeigen, dass bei Crowdworking auf manchen Plattformen ein durchschnittlicher Bruttostundenlohn von lediglich USD 1,50 erzielt wird, sodass sich die Frage eines möglichen Verstoßes gegen Mindestlohnvorschriften aufdrängt. Doch damit nicht genug. Bei Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses besteht für den „Arbeitgeber“ natürlich auch die Verpflichtung Lohn- und Sozialabgaben abzuführen, andernfalls nach österreichischem Recht ein Verstoß gegen das Lohn- und Sozialdumpinggesetz vorliegt, der mit empfindlichen Geldstrafen geahndet wird. Besteht im Einzelfall direkt mit dem Crowdsourcer ein Arbeitsverhältnis, ist aber unklar, ob dem Crowdsourcer bei Zwischenschaltung einer Plattform als „Vermittler“ überhaupt bekannt ist, wieviel Entgelt letztendlich an den Crowdworker bezahlt wird.
Crowdworking bedeutet überdies eine besondere Konkurrenzsituation, weil immer nur für das beste Ergebnis auch tatsächlich eine Bezahlung erfolgt. Entspricht das Arbeitsergebnis hingegen nicht den Vorstellungen, sehen einige AGB der Crowdsourcing-Plattformen vor, dass Arbeitsergebnisse ohne nähere Begründung und ohne Entlohnung zurückgewiesen werden können. Derartige Regelungen widersprechen jedoch dem arbeitsrechtlichen Grundgedanken, wonach der Arbeitnehmer gerade keinen konkreten Erfolg, sondern vielmehr ein entsprechendes „Bemühen“ schuldet.

Crowdworker als „digitale Tagelöhner“?

Crowdworking bietet daher neben Chancen auch Risiken für die Beteiligten. Nicht alle diese Risiken lassen sich mit den bestehenden Konzepten des Arbeitsrechts auf eine für die Beteiligten zufriedenstellende Weise lösen. Klarstellungen des Gesetzgebers wären wünschenswert, sind derzeit aber – jedenfalls im Regierungsprogramm der neuen Regierung – offenbar nicht geplant. Mit Blick auf die besonderen Anforderungen des Crowdworkings ist bei dessen vertraglicher Ausgestaltung auf ein möglicherweise enges arbeits- und sozialrechtliches Korsett besonders Bedacht zu nehmen.

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