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Artificial Intelligence & Copyright – Wer schuf das Porträt des Edmond de Belamy?

von Christine Übertsroider | 06.05.2019

Das Auktionshaus Christie’s versteigerte im Oktober vergangenen Jahres erstmals ein computergeneriertes Gemälde: Das „Portrait of Edmond de Belamy“. Es erzielte das 45-fache seines Schätzpreises und wurde um stolze $ 432.500,00 veräußert. Die Signatur des Bildes, unterschrieben ist es mit der ihm zugrundeliegenden mathematischen Formel „min G max D Ex[log(D(x))]+Ez[log(1-D(G(z)))]“, deutet schon auf die mit der Art der Herstellung verbundenen spannenden Rechtsfragen hin: Unterliegen computergenerierte Gemälde einem urheberrechtlichen Schutz oder darf jedermann ein solches Gemälde kopieren? Und wer gilt als UrheberIn?

Roboter spielt Klavier
Franck V.

Entstehung des Gemäldes

Das französische Künstlerkollektiv Obvious „fütterte“ einem Algorithmus Fotos von 15.000 Porträts aus dem 14. bis zum 20. Jahrhundert, der basierend auf diesen Vorlagen ein neues, einzigartiges Porträt, das „Portrait of Edmond de Belamy“, generierte. Der Algorithmus wurde dem Künstlerkollektiv von dritter Seite, einem Programmierer, zur Verfügung gestellt.

Das Urheberrecht am Algorithmus

Unstrittig ist, dass Computerprogramme gemäß § 2 Urheberrechtsgesetz (UrhG) zu den Werken der Literatur gezählt werden. Sie unterliegen somit dessen Schutz – vorausgesetzt sie sind das Ergebnis einer eigentümlichen geistigen Schöpfung. Das wirtschaftliche bzw. juristische Interesse im vorliegenden Fall gilt aber dem hervorgebrachten Gemälde, nicht dem Algorithmus selbst.

Das Urheberrecht am Kunstwerk

Nachdem der Programmierer als Urheber des Algorithmus gilt, wäre es naheliegend, ihn auch als Urheber der durch sein Programm generierten Kunst zu betrachten. Selbst wenn es sich um computergenerierte Werke handelt, basiert der Schaffensprozess doch auf dem vom Menschen programmierten Algorithmus – der Computer folgt streng genommen dem Willen des Programmierers. Müsste daher nicht das Urheberrecht am Algorithmus auf das durch seine Anwendung entstandene Werk erweitert werden? Nach der derzeitigen österreichischen Rechtslage ist jedoch äußerst fraglich, ob das gegenständliche Gemälde dem Schutz des Urheberrechts unterliegen würde:
Voraussetzung für die Einräumung eines Urheberrechtes ist gemäß § 1 Abs 1 UrhG das Hervorbringen einer eigentümlichen geistigen Schöpfung. Auch wenn das Gesetz nicht ausdrücklich von einer menschlichen Schöpfung spricht, ist herrschende Ansicht, dass lediglich solche vom UrhG geschützt werden sollen. Der Obersten Gerichtshofs (OGH) hat in seiner Entscheidung 4 Ob 105/11m festgehalten, das Konzept des Urheberrechtes gehe vom Schutz jener kreativen Leistungen aus, die ein Mensch als Schöpfer hervorbringt. Nur ein Erzeugnis des menschlichen Geistes soll somit urheberrechtlich geschützt sein. Nach ständiger Rechtsprechung des OGH ist selbst juristischen Personen, denen grundsätzlich Rechtsfähigkeit zukommt, die Urheberstellung verwehrt.
Bedient sich der Mensch im Schaffensprozess eines Computers, soll wie folgt unterschieden werden: Dient der Computer dem Menschen lediglich als Werkzeug, unterliegt das Werk dem urheberrechtlichen Schutz. Bestimmt jedoch ein Algorithmus das Ergebnis dieses Prozesses, liegt laut OGH und herrschender Lehre kein urheberrechtlich geschütztes Werk vor. Computergenerierte Kunst fällt gemäß dieser Rechtsprechung wohl in letztere Kategorie und ist daher nach der derzeitigen Rechtslage nicht schutzfähig. Als Schöpfer wird somit grundsätzlich der Computer bzw. der Algorithmus betrachtet, der mangels Rechtsfähigkeit schon nicht als Urheber gelten kann. Beim vorliegenden Gemälde handelt es sich also um ein Kunstwerk, das zumindest nach österreichischem Recht keinem urheberrechtlichen Schutz unterliegt.

Miturheberschaft?

Im gegenständlichen Fall wird die Frage, wer als Urheber gilt, durch den Umstand verkompliziert, dass der Urheber des Algorithmus und die Person, die den Algorithmus mit Vorlagen füttert und verwendet, auseinanderfallen. Aufgrund der derzeitigen Rechtslage können jedoch beide Personen nicht als Urheber angesehen werden, folglich stellt sich die Frage der Miturheberschaft nicht.

Ausblick / Abgehen vom traditionellen Werkbegriff

Das Porträt von Edmond de Belamy wird vermutlich nur der Anfang einer Vielzahl von computergenerierten Werken sein. Insbesondere wirtschaftliche Gründe sprechen daher für ein Abgehen vom bisherigen Werkbegriff des UrhG und eine Ausweitung des urheberrechtlichen Schutzes. Nur mit dem Wissen um den urheberrechtlichen Schutz computergenerierter Werke wird künftig in die Entwicklung solcher Algorithmen und Kunstwerke investiert werden.
Das Europäische Parlament hat diese Notwendigkeit erkannt und in seinem Bericht mit Empfehlungen an die Kommission zu zivilrechtlichen Regelungen im Bereich der Robotik vom 27.01.2017 die Ausarbeitung von Kriterien für einen urheberrechtlichen Schutz von computer- oder robotergenerierten Werken gefordert. Im Urheberrechtsgesetz des Vereinigten Königreiches ist eine solche Regelung bereits enthalten. Artikel 9 Abs 3 des Copyright, Designs and Patents Act 1988 des Vereinigten Königreiches lautet wie folgt: „In the case of a literary, dramatic, musical or artistic work which is computer-generated, the author shall be taken to be the person by whom the arrangements necessary for the creation of the work are undertaken” (dt. „Im Falle eines literarischen, dramatischen, musikalischen oder künstlerischen Werkes, das computergeneriert ist, ist Urheber die Person, von der die für die Schaffung des Werkes erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden“). Diese Regelung könnte als Vorlage für eine Anpassung des unionsrechtlichen oder nationalen Urheberrechtsschutzes dienen.

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