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Landwirtschaft 4.0 – Farm der Roboter?

von Marion Meyer, Wilhelm Bergthaler | 14.05.2018

Selbstfahrende Traktoren, Melkroboter, Drohnen – die im landwirtschaftlichen Bereich entwickelten und bereits zur Anwendung kommenden Technologien der digitalen Revolution sind vielfältig. Sie dienen nicht nur dem effizienten Einsatz von Betriebsmitteln, sondern auch dem schonenderen Umgang mit Ressourcen und der Qualitätssteigerung. Zwar findet Smart Farming in Österreich noch kaum Anwendung, dennoch ist zu untersuchen, inwiefern hierdurch gesetzlicher Handlungsbedarf im Umweltrecht besteht.

© pixabay

Vom Precision Farming zum Smart Farming

Beim Precision Farming als Vorstufe des Smart Farmings geht es im Wesentlichen um die genaue Berechnung der einzusetzenden Ressourcen um Effizienz zu steigern und Verschwendung vorzubeugen. Dabei kommen beispielsweise autonome Traktoren zum Einsatz, die mithilfe von GPS „wissen“, wo sie gerade fahren, und mithilfe Sensoren die Bodenbedingungen erkennen, sodass sie die jeweiligen Einstellungen, etwa die abzugebende Düngermenge, verändern können. Bei der sogenannten „Transponderfütterung“ werden nicht mehr alle Tiere zu einer bestimmten Zeit gefüttert, sondern erhalten die Tiere einzeln und jederzeit computergesteuert Zugang zum Futter und im Ergebnis auch die jeweils tatsächlich benötigte Futtermenge. Melkroboter können nicht nur melken, sondern auch zum Waschen des Euters und zur Erhebung unterschiedlicher Daten von Milch herangezogen werden. Hierdurch lassen sich auch Krankheiten frühzeitig erkennen. Drohnen werden für Inspektionsflüge oder auch zur Ausbringung von Schlupfwespen zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt. Auch in der Forstwirtschaft können Drohnen von großem Nutzen sein, etwa zur Früherkennung von Borkenkäfern und Waldbrandherden.

Smart Farming geht hier noch einen Schritt weiter: Durch intelligente Technologien (Stichwort: Internet der Dinge) werden die Maschinen miteinander vernetzt, sodass die Arbeitsprozesse automatisch abgestimmt werden können. In weiterer Folge verarbeiten die Maschinen die Informationen selbstständig und treffen autonome Entscheidungen. Der Land- bzw. Forstwirt übernimmt in diesem Fall nur noch eine überwachende Funktion und kann nötigenfalls eingreifen. Durch die automatische Dokumentation der Prozessabläufe kann weiters die Transparenz der Lebensmittelherstellung gegenüber dem Verbraucher gesteigert werden.

Ist das Umweltrecht für Landwirtschaft 4.0 gerüstet?

Neue Technologien der Landwirtschaft bergen naturgemäß auch Risiken für die Umwelt. Umweltgefährdende Eingriffe sind grundsätzlich bewilligungspflichtig, wobei zahlreiche umweltrechtliche Materiengesetze (zB Wasserrechtsgesetz, Forstgesetz, Naturschutzgesetze der Länder) zur Anwendung kommen können. Nachfolgend werden drei solcher umweltrechtlichen Materiengesetze näher untersucht – dies unter beispielhafter Zugrundelegung der Verwendung eines selbstfahrenden Traktors zur Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln in einem Landwirtschaftsbetrieb im oberösterreichischen Salzkammergut.

Oö. Naturschutzrecht

Eine Frage, die sich stellt, ist, ob es einer naturschutzrechtlichen Bewilligung bedarf. Die Land- und Forstwirtschaft erfährt im Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 (Oö. NSchG 2001) zahlreiche Ausnahmen.

Unter land- und forstwirtschaftlicher Nutzung ist gemäß § 3 Z 7 jede regelmäßig erfolgende und auf Dauer ausgerichtete Tätigkeit zur Hervorbringung und Gewinnung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte, sofern diese Tätigkeit den jeweils zeitgemäßen Anschauungen der Betriebswirtschaft und der Biologie sowie dem Prinzip der Nachhaltigkeit entspricht, zu verstehen.

Beispielsweise gilt das in § 8 normierte Fahrverbot für einspurige Fahrzeuge nicht für die Land- und Forstwirtschaft. Auch der Abtrag und der Austausch des gewachsenen Bodens im Rahmen der zeitgemäßen land- und forstwirtschaftliche Nutzung von Grund und Boden fällt gemäß § 9 Abs 2 Z 3 nicht in das Eingriffsverbot in das Landschaftsbild und im Grünland in den Naturhaushalt an allen Seen samt ihren Ufern bis zu einer Entfernung von 500 m landeinwärts. Weiters sieht § 32 Oö. NSchG 2001 vor, dass die zeitgemäße land- und forstwirtschaftliche Nutzung von Grund und Boden durch die §§ 26 bis 30 (diverse Schutzbestimmungen) nicht berührt wird. Bei diesen Bestimmungen handelt es sich um sogenannte Agrarklauseln. Agrarklauseln sind in ihrer häufigsten Erscheinungsform Ausnahmebestimmungen von materiengesetzlichen  Bewilligungspflichten oder Verbotsbestimmungen zugunsten der üblichen oder ordnungsgemäßen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung. Hintergrund dieses „Agrarprivilegs“ ist die Auffassung, dass umweltschonendes Wirtschaften der Land- und Forstwirtschaft inhärent ist, sodass eine Bewilligung oder ein Verbot nach einem Gesetz, das dem Umweltschutz dient, nicht erforderlich ist.

Der Einsatz neuer Technologien ist jedenfalls zeitgemäß und es sind keine Gründe ersichtlich, warum die Agrarklausel der zeitgemäßen Land- und Forstwirtschaft nicht auch selbstfahrende Traktoren erfassen soll. Als eine zeitgemäße Methode der Land- und Forstwirtschaft steht die Ausbringung von Pflanzenschutzmittel durch selbstfahrende Traktoren dem Oö. NSchG 2001 daher nicht entgegen.

Wasserrecht

Weiters ist zu untersuchen, ob aufgrund der theoretischen Möglichkeit, durch Pflanzenschutzmittel das Grundwasser zu verunreinigen, eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich ist. Das Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) bietet mit § 32 Abs 1 WRG 1959 das bekannteste Beispiel für Agrarklauseln:

„Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit ( § 30 Abs. 3) beeinträchtigen, sind nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.“

§ 32 Abs 7 WRG 1959 lautet wie folgt:

„Als ordnungsgemäß (Abs. 1) gilt die land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung, wenn sie unter Einhaltung der bezughabenden Rechtsvorschriften, insbesondere betreffend Chemikalien, Pflanzenschutz- und Düngemittel, Klärschlamm, Bodenschutz und Waldbehandlung, sowie besonderer wasserrechtlichen Anordnungen erfolgt.“

Erfolgt das Ausbringen von Pflanzenschutzmittel durch den autonomen Traktor somit im Rahmen der in Abs 7 leg cit legaldefinierten ordnungsgemäßen land- forstwirtschaftlichen Bodennutzung, so gilt es nicht als Beeinträchtigung und damit auch nicht als eine der Bewilligungspflicht des WRG 1959 unterliegende Einwirkung auf Gewässer.

Oö. Bodenschutzrecht

Spezifische Bestimmungen zum Bodenschutz finden sich im Oö. Bodenschutzgesetz 1991, welches im räumlichen Geltungsbereich der Alpenkonvention unter Berücksichtigung des Durchführungsprotokolls „Bodenschutz“ anzuwenden ist. Dieses sieht in § 18c Abs 1 vor, dass verwendete Pflanzenschutzgeräte so beschaffen und gewartet sein müssen, dass bei ihrem sachgerechten Gebrauch die Pflanzenschutzmittel nur in einem für eine wirksame Schädlingsbekämpfung notwendigen Ausmaß aufgebracht werden können.

Die auf Grundlage des Oö. Bodenschutzgesetzes 2001 entlassene Oö. Pflanzenschutzgeräteüberprüfungsverordnung regelt die näheren Bestimmungen der Überprüfungspflicht für Pflanzenschutzgeräte. So sind gemäß § 2 Abs 1 ua selbstfahrende Pflanzenschutzgeräte (soweit sie nicht nach Abs 2 ausgenommen) prüfpflichtig; gemäß Z 1 (Geräte mit horizontal ausgerichteten Spritz- oder Sprühgestängen) auch ein Feldspritzgerät.

Unser selbstfahrender Traktor im Salzkammergut darf gemäß § 2 Abs 3 Oö. Pflanzenschutzgeräteverordnung daher nur nach positiver Überprüfung in Betrieb genommen werden, sofern es sich nicht um ein Neugerät handelt (diese sind bis fünf Jahre nach dem Kauf von der Prüfpflicht ausgenommen).

Ausblick

Anhand dieses Beispiels zeigt sich, dass das österreichische Umweltrecht auf die Technologien der Präzisions- bzw. digitalisieren Landwirtschaft keinesfalls unvorbereitet ist. Ein konkreter legistischer Handlungsbedarf wird aber erst mit ihrem breiteren Einsatz abzuschätzen sein.

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