Wenn Influencer Post vom Anwalt erhalten
Wer Produkte oder Unternehmen über soziale Medien für Entgelt bewirbt, muss darauf achten, dass dies klar gekennzeichnet wird. Ob die Verpflichtung auch für unbezahltes Influencer-Marketing gilt, ist offen.
„In Zukunft wird jeder 15 Minuten weltberühmt sein“, prophezeite Andy Warhol 1968. Durch YouTube, Instagram und Co. scheint dies Realität geworden zu sein: Nicht wenige brachten es über ihre Präsenz in sozialen Medien zu großer Bekanntheit und wurden so zu Influencern. Mittlerweile üblich ist, dass Influencer Kooperationen mit Unternehmen abschließen und deren Produkte über ihre Social-Media-Kanäle bewerben. Dabei werden Aktivitäten, die scheinbar in die private Lebenssphäre fallen, zu unternehmerischen Zwecken dargestellt. Diese neue Art der Werbung berührt verschiedenste gesetzliche Regelungsfelder, deren Nichtbeachtung unangenehme Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Zunächst soll jede Form von Werbung in (sozialen) Medien als solche erkennbar sein. Hieraus ergibt sich eine Kennzeichnungspflicht, deren Grundlage § 26 Mediengesetz ist. Sofern Zweifel über die Entgeltlichkeit nicht ausgeschlossen werden können, sind entgeltliche Beiträge als „Anzeige“, „entgeltliche Einschaltung“ oder „Werbung“ zu kennzeichnen. Ein Beitrag gilt jedoch nicht nur dann als entgeltlich, wenn der Influencer dafür direkt bezahlt wird. Schon die kostenlose Überlassung von Produkten oder die Bereitstellung von „Affiliate Links“ kann als Entgelt angesehen werden.
Werden Kooperationen nicht entsprechend gekennzeichnet, sieht das Mediengesetz die Verhängung einer Verwaltungsstrafe vor. Zudem kann ein Wettbewerbsverstoß nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vorliegen, der neben Unterlassungs- auch Schadenersatzansprüche nach sich ziehen kann.
Das UWG sanktioniert irreführende Geschäftspraktiken, wozu auch die Veröffentlichung von als Information getarnter Werbung zählt. Bei dieser werden scheinbar redaktionelle Inhalte präsentiert, die aber von einem Unternehmen zum Zweck der Verkaufsförderung bezahlt wurden. Die Sanktionierung richtet sich hier nicht gegen den Medieninhaber, sondern gegen das Unternehmen, das den Beitrag in Auftrag gegeben hat.
Hashtag #ad genügt nicht
Ebenso liegt eine irreführende Geschäftspraktik vor, wenn der Influencer-Beitrag seinen kommerziellen Zweck nicht hinreichend kenntlich macht und somit geeignet ist, einen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Diese Bestimmung richtet sich an den Influencer selbst. Das deutsche Oberlandesgericht Celle erachtete zuletzt die Verwendung des Hashtags #ad in einer „Hashtag-Wolke“ am Ende eines Instagram-Posts einer deutschen Influencerin als eine verbotene Praktik.
In manchen Fällen werden jedoch Produkte beworben, ohne dass dafür ein Entgelt bezahlt wurde. „Taggt“ der Influencer beispielsweise die Marken seines selbst gekauften Outfits, stellt sich die Frage, ob auch dies eine Kennzeichnungspflicht auslöst. In Deutschland wurde in erstinstanzlicher Rechtsprechung sowohl für als auch gegen eine Kennzeichnungspflicht argumentiert, eine Entscheidung übergeordneter Gerichte steht noch aus.
Österreichs Höchstgerichte haben bisher noch keinen Fall des Influencer-Marketings behandelt. Jedoch könnte auf Basis einer OGH-Entscheidung aus 2016 (4 Ob 60/16a) durchaus gegen eine Kennzeichnungspflicht für unentgeltliche Beiträge argumentiert werden.
Keine absolute Objektivität
Hier ging es um eine Gratiszeitung, in der direkt neben Werbeanzeigen von lokalen Unternehmen unentgeltlich redaktionelle Beiträge über diese Unternehmen veröffentlicht wurden. Der OGH führte dazu aus, dass „der durchschnittlich aufmerksame und kritische Leser heute davon ausgeht, dass auch redaktionelle Beiträge in periodischen Medien nicht „neutral“ sind und keine absolute Objektivität in Anspruch nehmen können, weil sie von – zumeist auch namentlich genannten – Journalisten stammen, die ihre persönliche Meinung zum Ausdruck bringen“.
Besteht für den Durchschnittsleser am Charakter der Veröffentlichungen als redaktionelle Beiträge kein Zweifel, bedürfe es im Fall der Unentgeltlichkeit dieser Beiträge auch dann keiner Kennzeichnung, wenn der Beitrag aus Gefälligkeit Äußerungen kommerziellen Charakters mit „werblichem Überschuss“ enthält. Legt man diese Entscheidung auf unentgeltliche Influencer-Beiträge um, scheint der Verzicht auf eine Kennzeichnung vertretbar. Dennoch bleibt abzuwarten, welche Haltung die Gerichte zum Phänomen des Influencer-Marketings einnehmen werden.
Hinweis: Dieser Artikel erschien am 07.10.2019 in der Tageszeitung Der Standard.
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