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Minderjährigenschutz und Haftung bei In-Game-Käufen

von Theresa Haglmüller | 05.12.2019

In-Game-Verkäufe stellen für Hersteller von Computerspielen (Publisher) eine wesentliche und immer bedeutsamer werdende Einnahmequelle dar. Wird die Identität der oftmals minderjährigen Käufer dabei nicht oder nur unzureichend kontrolliert, birgt dies Risiken für alle Beteiligten. Eine Betrachtung aus Sicht des Zivilrechts:

Photo by Alex Haney on Unsplash

Lücken im System des Minderjährigenschutzes bei eSports

Wie etwa das medial vielfach beachtete Investment eines Sechsjährigen von EUR 3.000,- in den Ankauf von Schlumpfbeeren zeigte, birgt die Möglichkeit von In-Game-Käufen, also des Erwerbs virtueller Güter in Computerspielen, für Minderjährige wie für ihre (potenziell haftenden) Eltern Risiken, die in diesem Beitrag aufgezeigt werden sollen.

Dass der Minderjährigenschutz bei In-Game-Käufen durchaus zu wünschen übrig lässt, zeigt ein aktueller Praxistest  von 14 beliebten Online-PC-Spielen, darunter Call of Duty: WWII, FIFA 19, Fortnite: Battle Royale oder League of Legends: Demzufolge enthält kein einziges der geprüften PC-Spiele verlässliche Jugendschutzmechanismen bei In-Game-Käufen. Mit einmaliger Hinterlegung der Bezahldaten sind weitere Einkäufe jederzeit möglich, lediglich bei zwei Spielen ist eine neuerliche Eingabe der Kartenprüfnummer vorgesehen. Der Umstand, dass viele PC-Spiele an sich einen allgemeinen Jugendschutz im Wege einer Altersverifikation vorsehen, erweist sich dabei insofern als zahnlos, als im Test lediglich ein Spiel eine Altersverifikation nutzt, die über eine schlichte Abfrage des Alters hinausgeht, und dementsprechend leicht zu umgehen ist. Hierbei bietet der Aspekt, dass mündige Minderjährige für einen Vertrauensschaden des Anbieters wegen Täuschung über ihr Alter und damit über ihre Geschäftsfähigkeit erst ab 18 Jahren haften, nur einen begrenzten Schutz.

Auch der Umstand, dass es sich um ein „Free to play“-Spiel handelt, würde nicht per se vor nachträglichen Kosten schützen, können doch nach zunächst kostenloser Installation später zumeist noch Punkte, Münzen, Charaktere, Ausstattungen und dergleichen (kostenpflichtig) erworben werden, dies etwa auch in Form von sogenannten Lootboxen (virtuellen Schatzkisten), die insbesondere vor dem Hintergrund einer möglichen Qualifikation als Glücksspiel immer wieder in der Kritik stehen.

Eltern als Haftungsadressaten?

Derartige Fälle von virtuellen Einkaufstouren der Minderjähren werfen die Frage nach einer möglichen Haftung der Eltern bzw Rückerstattungsansprüchen für bereits durch den In-Game-Kauf des Minderjährigen geleistete Zahlungen auf. Hierbei sind verschiedene Fallkonstellationen zu unterscheiden:

Benutzerkonto und Zahlungsmittel der Eltern

Verwendet der Minderjährige beim In-Game-Kauf ein Benutzerkonto und die Zahlungsinformationen (insbesondere Kreditkartendaten) der Eltern, so ist zu unterscheiden: Wurde dem Minderjährigen der PC oder das Smartphone samt den erforderlichen Zugangsdaten und Zahlungsinformationen bewusst zur Nutzung überlassen, so wird den Eltern als Kontoinhabern ein Kaufverhalten des Minderjährigen im Wege der Stellvertretung zugerechnet und es kommt ein Vertrag zwischen dem Inhaber des Benutzerkontos und dem Gaming-Anbieter zustande. Die Zurechnung findet in der Regel trotz fehlender Offenlegung statt, da für den Anbieter die Eigenschaft des Kontoinhabers als Vertragspartner nicht zweifelhaft ist.

Liegt eine wirksame Stellvertretung dagegen – insbesondere wegen Überschreitung der Erlaubnis (Vollmacht) der Eltern durch den Minderjährigen – nicht vor, so kann eine Zurechnung der Erklärungen des Minderjährigen noch aufgrund einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht erfolgen, beispielsweise, wenn die Rechnungen der In-Game-Käufe des Minderjährigen fortwährend bezahlt werden, oder unter Umständen auch, wenn die Zugangsdaten bereitwillig überlassen wurden.

Hat sich der Minderjährige freilich überhaupt ohne Einverständnis der Eltern Zugang zum Benutzerkonto oder zu den Zahlungsinformationen verschafft, so ist eine Haftung der Eltern für die getätigten In-Game-Käufe mangels Zurechnung des Kaufverhaltens unbefugter Dritter grundsätzlich zu verneinen.

Eigenkonto des Minderjährigen

Von der befugten oder unbefugten Verwendung des Benutzerkontos der Eltern ist jener Fall zu unterscheiden, in dem der Minderjährige ein eigenes Benutzerkonto anlegt und mittels Gutschein bzw den beim Benutzerkonto hinterlegten Zahlungsinformationen (Kreditkartendaten) der Eltern bezahlt. Hier beurteilt sich die Wirksamkeit des Vertragsschlusses vorwiegend nach der Eigengeschäftsfähigkeit des Minderjährigen, wobei der sogenannte „Taschengeldparagraf“ (§ 170 Abs 3 ABGB) zu beachten ist. Demnach werden Rechtsgeschäfte von Minderjährigen, die alterstypisch sind und eine geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens betreffen, mit Erfüllung der vertraglichen Pflichten des Minderjährigen (rückwirkend) wirksam.

Bezahlt der Minderjährige den In-Game Kauf mittels Gutschein oder fremder, aber hierzu überlassender Kreditkartendaten, so wird dementsprechend eine Erfüllung der Leistungspflicht des Minderjährigen und damit eine (rückwirkende) Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts angenommen. Hat der Minderjährige die Kreditkarte dagegen unbefugt verwendet oder die elterliche Erlaubnis überschritten, so ist der Vertrag schwebend unwirksam und könnte nur nachträglich von den Eltern genehmigt werden.

Empfehlungen

Wollen Eltern die Gefahr einer Haftung und möglicher Beweisschwierigkeiten möglichst ausschließen und die Schutzlücken zulasten von Minderjährigen bei In-Game-Käufen ausgleichen, so empfiehlt sich beispielsweise, bei gemeinsam genutzten PC verschiedene Benutzerkonten einzurichten, bei Smartphones die Funktion der In-App-Käufe zu deaktivieren oder bei Spielkonsolen ein Gastprofil für Minderjährige anzulegen. Auch die Vergabe von Passwörtern oder PIN zur Sicherung von Transaktionen sowie generell die sichere Verwahrung der Kreditkarte können vor unliebsamen Überraschungen bei der Kreditkartenabrechnung und einem möglichen rechtlichen Nachspiel schützen.

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