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Weltverbrauchertag oder: Was JFK zur Omnibus-Richtlinie sagen würde

von Melissa Neuhauser | 10.03.2021

Die Europäische Union reagiert einmal mehr auf rechtliche Herausforderungen der digitalen Ökonomie. Die bis November 2021 umzusetzende Omnibus-Richtlinie soll die Rechte von Verbrauchern im elektronischen Geschäftsverkehr stärken. Ein Überblick.

Beitrag: Weltverbrauchertag
Photo by Sergey Zolkin on Unsplash

Anlässlich eines Statements von John F. Kennedy am 15.03.1962 vor dem Kongress der Vereinigten Staaten zur Geltung grundlegender Verbraucherrechte wird seit 1983 der 15.03. als Weltverbrauchertag gefeiert.

Dass Verbraucherschutz in der EU schon grundsätzlich einen hohen Stellenwert einnimmt, zeigt sich daran, dass sich die EU in Art 38 ihrer Grundrechtecharta dazu bekennt, ein hohes Verbraucherschutzniveau sicherzustellen. Mit dem (auch durch die COVID-19-Pandemie befeuerten) Siegeszug des Onlinehandels wurde offenbar, dass dieser – im Gegensatz zum stationären Handel – ganz eigene Rechtsproblematiken entstehen lässt, etwa die Frage, wie bzw. wie transparent Ergebnisse auf Suchportalen gereiht werden sollen. Ganz nach dem Motto „Traue keiner Kundenbewertung, die du nicht selbst gefälscht hast!“ helfen manche Onlinehändler ihrer Reihung auf Online-Marktplätzen auch auf die Sprünge. Mit der Richtlinie zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union („Omnibus-Richtlinie“, RL (EU) 2019/2161), die Anfang Jänner in Kraft getreten ist, werden vier bestehende Verbraucherschutzrichtlinien an die neueren Entwicklungen des Onlinehandels angepasst und modernisiert. Nachfolgend soll ein grober Überblick über die wesentlichsten Änderungen gegeben werden.

Online-Marktplätze & Rankings

Online-Marktplätze, die Produkte von unterschiedlichen Händlern anbieten, arbeiten zur Listung ihrer Suchergebnisse mit Rankings. Wie diese Rankings zustande kommen, ist jedoch meist intransparent. Mit der neuen Richtlinie werden Betreiber von Online-Marktplätzen verpflichtet, allgemeine Informationen über die Ranking-Parameter und die relative Gewichtung dieser Parameter zueinander zu veröffentlichen.  

Bezahlte Rankingplätze, also die Vorreihung von Suchergebnissen aufgrund eines Entgelts des Verkäufers an den Plattformbetreiber, müssen eindeutig gekennzeichnet werden.

Bei den angebotenen Produkten von Dritten muss außerdem klar erkennbar sein, wer denn nun tatsächlich Vertragspartner des Verbrauchers wird und ob es sich dabei um einen Unternehmer oder (auch) um einen Verbraucher handelt. In letzterem Fall ist nämlich darauf hinzuweisen, dass für diesen Verkauf die EU-Verbraucherschutzvorschriften nicht gelten.

Online-Bewertungen

Werden Verbraucherbewertungen von Produkten veröffentlicht, muss der Verkäufer sicherstellen, dass die veröffentlichten Bewertungen von Verbrauchern geschrieben wurden, die die Produkte tatsächlich verwendet oder erworben haben. Prüft er dies nicht in angemessener Weise nach, so kann die Behauptung, dass die Bewertungen von „echten“ Verbrauchern stammen, eine irreführende (und damit verbotene) Geschäftspraktik darstellen.

Nunmehr explizit festgehalten ist auch, dass die Abgabe gefälschter Bewertungen, die Beauftragung Dritter zur Erstellung gefälschter Bewertungen oder die falsche Darstellung echter Bewertungen oder Empfehlungen in sozialen Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung unzulässig ist.

Eine gute Nachricht für alle Konzertfans: In der Vergangenheit wurden Beschränkungen von Kartenkontingenten für einzelne Käufer von manchen Händlern durch Bots umgangen und die so erworbenen Karten teurer weiterverkauft. Eine solche Geschäftspraktik ist nun nicht mehr erlaubt.

Preisangaben und Profiling

Bekannt ist, dass Preisermäßigungen auf Online-Plattformen oft mit vermeintlich großen Rabatten zu früheren Preisen beworben werden. Händler sollen nun dazu verpflichtet werden, bei Preisermäßigungen auch den tatsächlichen Preis des Produkts zu nennen, den der Händler innerhalb von mind. 30 Tagen zuvor angewandt hat.

Manchmal werden Preise auch an das Nutzerverhalten angepasst („Profiling“), Produkte werden zB billiger oder teurer, je öfter man die Webseite besucht. Bei Anwendung solcher Profiling-Methoden ist der Verbraucher auf diese Art der Preisfindung hinzuweisen.

Rechtsschutz und Sanktionen

Verbraucher, die durch solche unlauteren Geschäftspraktiken geschädigt wurden, sollen Zugang zu angemessenen und wirksamen Rechtsbehelfen haben, davon umfasst sind auch das Recht auf Schadenersatz sowie Preisminderung oder Beendigung des Vertrags. Aber auch für die Händler selbst werden an mehreren Stellen der Richtlinie Sanktionen eingeführt, wenn sie gegen die genannten Informationspflichten verstoßen. Die Sanktionen, die von den Mitgliedstaaten festgelegt werden, sollen „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sein. Bei Geldbußen ist etwa als Höchststrafe mindestens ein Betrag von 4 % des Jahresumsatzes in den betreffenden Mitgliedstaaten vorzusehen.

Die Omnibus-Richtlinie ist von den einzelnen Mitgliedstaaten bis zum 28.11.2021 umzusetzen, die nationalen Rechtsvorschriften sollen ab dem 28.05.2022 gelten.

Ein interessantes Detail zum Schluss: Schon 1962 betonte John F. Kennedy die Bedeutung von Verbraucherrechten als Frauenrechte. In der (heute überholten) Rolle der Frau als „Organisatorin des Haushalts” sei sie durch gefährliche Produkte unmittelbar gefährdet und deshalb die Einführung von Verbraucherschutzregelungen so wichtig: “But modern living is so complex that the present laws on the statute book are inadequate to secure these rights. Thousands of common household items contain potentially harmful substances. […] Unless the housewife is an expert dietician, mathematician, chemist and mechanic, she cannot properly and economically run her house and shop for her family.” Auch die Unsicherheit von Kosmetikartikeln wurde als besondere Gefahr für Frauen hervorgehoben – gut zu wissen, dass einerseits mittlerweile das Verbraucherschutzniveau so hoch ist, dass Schädigungen durch Kosmetikartikel kaum mehr vorkommen, andererseits, dass Männer mittlerweile gleichermaßen davon betroffen sind.

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